Ziele des Lernkonzeptes
- Ethische Teilkompetenzen (global):
- die wahrnehmungsbezogene Fähigkeit, moralische Fragen bzw. Dimensionen möglicher Handlungsoptionen zu erkennen
- die handlungsbezogene Fähigkeit, einen Standpunkt auch gegenüber anderen überzeugend zu vertreten
- Konkrete Lernziele:
Teilnehmende können (bzw. wird diese Fähigkeit zumindest geschult):
- Erläutern, was ein Argument ist,
- Argumente für bzw. gegen Eigenverantwortung als Verteilungskriterium benennen,
- (Argumente für bestimmte Fragestellungen entwickeln),
- (Eine Position zu einer bestimmten Fragestellung vertreten).
Kontext des Lehrkonzeptes
- Zielgruppe: Das Lehrkonzept scheint besonders relevant für Studierende der Fächer Versorgungsforschung, Public Health, Gesundheitsökonomie bzw. Gesundheitsmanagement, da sich diese Fächer mit Fragen der Gesundheitssystemgestaltung beschäftigen. Es ist aber ggf. auch in den Fächern Medizin oder Pflegewissenschaften sinnvoll einsetzbar. Es erscheint vor allem für den Hochschulkontext geeignet.
- Setting: Das Lehrkonzept sollte im Unterrichtsraum stattfinden, dabei kann es sowohl in Präsenz als auch digital umgesetzt werden. Auch eine hybride Umsetzung ist denkbar, es sollte jedoch bedacht werden, dass dafür die notwendige Ausstattung vorhanden sein muss (mind. zwei Räume für die Gruppenarbeit mit Verbindung zu den digital Teilnehmenden). Es ist nicht zum Selbststudium gedacht.
- Lehrformat/Gruppengröße: 12-16 ist optimal, ab 4 bis max. 18 Leuten möglich
Erforderliche Vorkenntnisse für das Lehrkonzept
Die Lernenden brauchen keine Vorkenntnisse bzw. werden Vorkenntnisse durch vorbereitende Lektüre erworben. Die Lehrenden sollten Kenntnisse ethischer Debatten / ethischen Argumentierens haben. Dies erleichtert vor allem die Reflexion auf die Debatte bzw. das Einordnen verschiedener Argumente.
Vorbereitung der Lehre
- Für die Lernenden: Grundsätzlich ist keine Vorbereitung notwendig. Eine vorbereitende Lektüre (siehe Literaturhinweise untenstehend) ist aber durchaus hilfreich. Diese sollte vorab digital zur Verfügung gestellt werden
- Für die Lehrenden:
- Es ist sinnvoll eine einführende Präsentation zu erstellen, die den Studierenden (a) erläutert, was ein Argument ist und welche Kriterien es für gute/schlechte Argumente gibt, (b) sie in die Methode der ZickZack-Debatte und (c) in das Thema einführt. Die Definition des Themas ist besonders relevant, da sichergestellt werden soll, dass alle Teilnehmenden die Fragestellung verstanden haben, die debattiert werden soll (siehe Zusatzmaterialien für Foliensatz)
- Dementsprechend sollte ein Laptop/Computer sowie Beamer zur Verfügung stehen.
- Zudem kann eine Art „Richterhammer“ oder Glöckchen hilfreich sein, um das Ende eines Sprechbeitrages während der laufenden Debatte einzuläuten. Manchmal geht es doch hoch her.
- Es sollte ein Flipchart und Stifte für die gemeinsame Nachbereitung zur Verfügung stehen. Dafür sollte sich die Lehrperson auch einen Überblick über relevante Argumente in der Debatte verschafft haben (siehe Foliensatz im Zusatzmaterial), um auf Argumente hinweisen zu können, die möglicherweise nicht genannt wurden.
- Ggf. können auch den Kleingruppen für die Ausarbeitung ihrer Argumente Flipchart-Papier und Stifte zur Verfügung gestellt werden (das kann man aber auf DinA4-Papier und mit den mitgebrachten Stiften der Studierenden machen).
- Es macht außerdem Sinn die Stühle/Tische im U-Format anzuordnen, so dass sich die debattierenden Gruppen gegenüber sitzen/stehen können.
- Für die Lehrenden:
Durchführung der Lehre
Schritt | Dauer | Durchführung |
---|---|---|
1 | ca. 15 Minuten | Begrüßung der Teilnehmenden, Einführung in das Format der Debatte, Klärung „Was ist ein (gutes/schlechtes) Argument?“ sowie Einführung ins Thema. Wichtig: klare Formulierung der Fragestellung, die debattiert werden soll. Es kann dabei z.B. die Formulierung „Soll das Kriterium der Eigenverantwortung als Verteilungskriterium in der gesetzlichen Krankenkasse ausgedehnt werden?“ oder „Soll das Kriterium der Eigenverantwortung für die Kostenübernahme durch Krankenkassen ausgedehnt werden?“ genutzt werden. |
2 | ca. 5 Minuten | Abfrage der moralischen Intuition (eher Pro/Contra) |
3 | ca. 20 Minuten | Zufällige Einteilung in Pro/Contra-Gruppe. Diese kriegen Zeit in Gruppenarbeit, Pro bzw. Contra-Argumente zu sammeln und die Debatte vorzubereiten. Dazu gehört, die Reihenfolge der Sprecher vorzubereiten und Argumente zu verteilen bzw. flexibel zu entscheiden. Die Gruppen sollen gleich groß sein. Falls das Seminar im digitalen Raum stattfindet, macht es Sinn, den Arbeitsauftrag noch einmal schriftlich in den Breakout-Raum zu posten. |
4 | ca. 20 Minuten | Durchführung der Zick-Zack-Debatte. Pro/Contra-Gruppen sitzen sich gegenüber. Jede Person hat abwechselnd 60 Sekunden Zeit, um kurz das zuvor gehörte Argument zu paraphrasieren, darauf Bezug zu nehmen (z.B. Argument widerlegen oder auch nicht darauf eingehen) und das eigene Argument zu formulieren. Es soll pro Person mind. ein Argument formuliert bzw. ein Argument entkräftet werden. Es spricht immer nur eine Person. Die Gruppe legt fest, in welcher Reihenfolge gesprochen wird. Pro-Gruppe beginnt. Normalerweise endet die Debatte, wenn jede*r Teilnehmer*in einmal gesprochen hat. Bei kleinen Gruppen kann ein zweiter Durchlauf sinnvoll sein. Diskussionsleitung übernimmt die Lehrperson – sie ist dafür verantwortlich, nach 60 Sekunden die/den Sprecher*in zu unterbrechen und an den/die nächste*n zu übergeben. |
5 | ca. 15 Minuten | Sammeln und Strukturieren der Argumente an Flipchart/Whiteboard und ggf. Ergänzung von nicht genannten Argumenten (für Sammlung von Argumenten zum Eigenverantwortungsthema siehe Folien). Diese können in der großen Runde offen gesammelt werden. Das Sammeln kann man beginnen mit der Frage, welche Argumente die Teilnehmenden am überzeugendsten fanden. Zu einem späteren Zeitpunkt kann man dann fragen, welche weiteren Argumente genannt wurden und warum diese vielleicht weniger überzeugend sind. Dieser Schritt kann ggf. unterlassen werden, ist aber sinnvoll, um das Gehörte zu konsolidieren (Sprechen vor anderen ist schon aufregend). |
6 | ca. 5 Minuten | Wiederholung der Abfrage der moralischen Intuitionen (Pro/Contra) |
7 | ca. 10 Minuten | Reflexion über Debatte und Einfluss auf eigene Haltung. Das kann in offener Runde geschehen oder unter Nutzung einer Reflexionsmethode. Wichtig ist, dass reflektiert wird, ob die Auseinandersetzung mit Argumenten etwas an der eigenen Haltung verändert hat. Im besten Fall ist die Lernerfahrung, dass sich moralische Intuitionen verändern bei Auseinandersetzung mit Argumenten. |
Ergänzende und weiterführende Informationen
Die ZickZack-Debatte als Format kann thematisch flexibel an die Zielgruppe angepasst werden. So kann eine Vielfalt ethischer Fragestellungen debattiert werden (z.B. im Kontext der Hebammenwissenschaften die Frage nach der Legalisierung von Leihmutterschaft oder im medizinischen Kontext die Frage nach Suizidassistenz durch Ärzte und Ärztinnen). Wichtig ist, dass im Rahmen der Einführung die Bestandteile der Fragestellung soweit definiert werden, dass die beiden Gruppen nicht aneinander vorbeisprechen. Meistens ist die Zickzack-Debatte ein vergnügliches Format, das damit gerade am Anfang eines längeren Seminars zu medizinethischen Fragestellungen einen schönen Eisbrecher darstellt.
- Marckmann G, Gallwitz B (2007): Gesundheitliche Eigenverantwortung beim Typ-2-Diabetes. Zeitschrift für medizinische Ethik 53(2):103-116.
Danksagung
Ich danke den Studierenden, mit denen ich das Konzept des Seminars erproben und verfeinern konnte.